Auf ein Glas Wein mit… Fabian Reinhardt, Zunftwirt.

In unserer neuen Rubrik sprechen wir mit Menschen aus der Waag, und sehen etwas in deren Alltag und Gedanken hinein. Wir beginnen mit dem Zunftwirt Fabian Reinhardt, der die Waag im Januar 2023 übernommen hat und mit Begeisterung führt.


Fabian, erzähl uns ein wenig von dir. Was hat dich dazu inspiriert, Gastwirt zu werden?

«Schon früh in meiner Kindheit haben mich einzigartige Hotels und Restauranterlebnisse fasziniert, ja es war fast das Wichtigste für mich bei den damaligen Familienreisen. Später kam die Leidenschaft fürs Kochen dazu und dann relativ bald auch eine Begeisterung für die Weinwelt. So kristallisierte sich schon während meiner Zeit im Gymnasium heraus, dass ich später die Hotelfachschule besuchen möchte. Im Zentrum stand aber damals noch das Ziel irgendwann ein Hotel zu führen, was sich nun etwas geändert hat (lacht).»


Vor anderthalb Jahren hast du im Januar 2023 das Zunfthaus übernommen. Wie waren die ersten Tage? Gab es besondere Momente oder Überraschungen?

«Die ersten Tage waren enorm spannend, aber auch fordernd. Ich musste schnellstmöglich den Betrieb kennenlernen und sicherstellen, dass weiterhin alles rund läuft. Es gab viel zu entdecken, herauszufinden, kennenzulernen… glücklicherweise begleitete mich mein Vorgänger Sepp Wimmer den ganzen Januar und stellte eine reibungslose Übergabe sicher. In die Fussstapfen eines so präsenten und erfolgreichen Gastgebers zu treten, war natürlich auch mit hohen Erwartungen verbunden – gerade als relativ junger Zunftwirt. Es zeigte sich aber schnell, dass das Team in allen Bereichen sehr eingespielt ist, egal ob Küche, Service oder im Hintergrund. Jeder kannte seine Aufgaben und setzte diese wie gewohnt, auch unter neuer Leitung, vom ersten Tag an um. Das hat meinen Einstieg sehr erleichtert, und mir auch Freude gemacht.»


Jeder Wirt bringt seinen eigenen Stil ein. Welche persönlichen Akzente hast du dem Zunfthaus gegeben?

«Obwohl mir Kontinuität wichtig ist, hat sich natürlich mit mir im Zunfthaus auch einiges verändert. So haben wir ein umfangreiches Rebranding durchgeführt und eine neue Website aufgeschaltet. Es war mir wichtig, dass unser Auftritt aufgefrischt und die Website auf dem neusten technischen Stand ist. Das ist in meiner Generation halt ein absolutes Muss. Daneben haben wir verschiedene andere Bereiche digitalisieren können, damit unsere Prozesse gut und effizient funktionieren. Ich habe mich auch für eine etwas andere Art der Mitarbeiterführung entschieden, bei der die einzelnen Mitarbeitenden noch mehr Verantwortung übernehmen und sich einbringen können.»


Was hat sich gastronomisch verändert, und was ist gleich geblieben? Und wieso?

«Ich schätze mich glücklich, dass ich die Waag auf einem hohen gastronomischen Niveau übernehmen durfte. Den Mix aus gutbürgerlicher Küche mit persönlicher Gastfreundschaft wollte ich unbedingt erhalten. Trotzdem war es mir wichtig, dass man merkt, dass der neue Zunftwirt nicht mehr aus Österreich kommt, sondern hier in Zürich aufgewachsen ist (lacht). So war für mich klar, dass der Fokus noch etwas stärker auf Schweizer und wo möglich auch auf Zürcher Produkten liegen sollte. Ich habe deshalb unter anderem unser Angebot an Schweizer Weinen ausgebaut. Auch die Einführung von spannenden vegetarischen oder veganen Gerichten war mir wichtig. In diesem Bereich sehe ich als junger Gastronom sicherlich etwas mehr Handlungsbedarf.»


Was gefällt dir an deiner Rolle als Zunftwirt am meisten?

«Die Aufgabe als Zunftwirt ist einzigartig. Die Waag ebenfalls. Das Haus mit seiner ganzen Geschichte und dem einzigartigen Ambiente, die Aufteilung in Restaurant und Eventsäle, die verschiedenen Aufgaben die deshalb anfallen – all das macht meinen Alltag extrem spannend und abwechslungsreich. Zudem macht es mir als Zünfter einer anderen Zunft Spass, die Zunft zur Waag bewirten zu dürfen. Bereits im ersten Jahr habe ich im Haus viele schöne Bekanntschaften machen dürfen. Und an all den Tagen, wo das Haus mittags und abends bis auf den letzten Platz besetzt ist, und überall etwas läuft, da ist die Zusammenarbeit im Team einfach einzigartig: alle wissen was zu tun ist und ziehen an einem Strang. Diese Energie gefällt mir sehr.»


Was ist an deinem Alltag schwierig?

«Sepp, mein Vorgänger, hat mich „gewarnt", dass in der Waag immer etwas läuft, man vom Haus schnell in seinen Bann gezogen wird – und man dann mehr im Hause ist, als einem das vielleicht lieb ist. Das habe ich ihm damals natürlich nicht recht glauben wollen und gedacht, ich könne mich dem bis zu einem gewissen Grad entziehen (lacht). Insbesondere wenn man den Anspruch hat, als Gastgeber möglichst immer vor Ort zu sein, ist meine Rolle als Zunftwirt tatsächlich zeitlich und körperlich ziemlich intensiv – macht aber auch viel Freude. Mit viel Verständnis von meiner Frau funktioniert das jedoch ganz gut. Und: So schön das Haus auch ist, logistisch ist es wirklich eine Herausforderung. Was wirklich fehlt ist genügend Raum. Das erfordert von allen Mitarbeitenden immer wieder unkonventionelle Lösungen.»


Das Zunfthaus zieht eine breite Palette von Gästen an – von Touristen bis zu lokalen Stammgästen. Wie stellst du sicher, dass die Erwartungen unterschiedlicher Gästegruppen erfüllt werden?

«Für mich ist ein guter Gästemix entscheidend und dass unterschiedliche Gäste mit unterschiedlichen Erwartungen eintreffen, ist für mich selbstverständlich. Aus meiner Sicht ist es eine zentrale Aufgabe für mich und das Serviceteam, die individuellen Wünsche der Gäste zu erkennen – und diese zu erfüllen, zu übertreffen und ein Erlebnis bieten zu können, welches in Erinnerung bleibt. Auch deshalb bin ich gerne vor Ort - weil ich im persönlichen Austausch mit meinen Gästen individuell auf Wünsche eingehen kann. Das gleiche gilt bei der Eventplanung in unseren Sälen: von der raschen Beantwortung der ersten Anfrage, über die Planung und Durchführung bis zum Kaffeeservice und dem Verabschieden der zufriedenen Gäste nach der Durchführung – wir möchten immer auf die Erwartungen unserer Gäste eingehen, damit ihr Anlass zum Erfolg wird.»


Nicht viele Häuser haben eine solch reiche Geschichte. Wie wichtig ist dir die Tradition und Geschichte des Zunfthaus zur Waag? Wie beeinflusst dich das im Alltag?

«Ein Zunfthaus aus dem Jahr 1636 wird immer ein Ort von Geschichte und Tradition sein. Ich bin stolz, einen kleinen Teil dieser Geschichte weiterschreiben zu dürfen. Man spürt jeden Tag, dass man sich in Gemäuern und Räumen bewegt, die schon viel erlebt haben. Mir ist es wichtig, dass dieses Gefühl erhalten bleibt, weil es für mich einen Grossteil der Magie der Waag ausmacht. Ein Besuch in der Waag fühlt sich immer auch etwas an, wie eine Zeitreise. Wir dürfen aber auch nicht stehen bleiben. Ein guter Mix aus dieser Tradition und klassischer Gastronomie, gepaart mit frischen Ideen und Trends, soll dafür sorgen, dass wir auch die nächsten Generationen für unser Angebot begeistern können. Es ist mir wichtig, dass auch meine Generation (und die folgenden) in die Waag gehen möchte. Neben dem aufgefrischten Auftritt braucht es dafür aus meiner Sicht auch gewisse neue Gerichte, andere Weine oder Getränke – im altbewährten Rahmen aus Tradition und gelebter Gastfreundschaft. Das braucht bisweilen auch etwas Mut.»


Wenn du an die Zukunft denkst, was planst du für das Zunfthaus in den nächsten Monaten und Jahren?

«Wir haben einige spannende Projekte, an denen wir dran sind. So ist seit längerem eine Bar im Erdgeschoss angedacht, aber es werden auch Lösungen geprüft einen Lift einzubauen. Weiter werden wir das Interieur in der Waag punktuell sanft auffrischen, ohne das Gesamtbild zu beeinflussen. Nebst den baulichen Massnahmen wird der Fokus auf und die Nachfrage für regionale, lokale und bewusstere Ernährung auch bei uns zunehmen. Da sind kreative Ideen gefragt. Genauso wie für eigene Events, die wir künftig veranstalten möchten. Wir denken da an eine Reihe à la «Kultur in der Waag». All diese Massnahmen verändern aber meinen Hauptfokus nicht: Der Genuss muss meiner Meinung nach auch in Zukunft in der Waag immer im Vordergrund stehen. Darauf achte ich bei allem, was ich tue.»

Weitere Informationen über Fabian finden Sie hier.

Zurück
Zurück

Zürcher Geschnetzeltes: Traditionelles Schweizer Gericht im Zunfthaus zur Waag

Weiter
Weiter

Neuer Fokus auf Schweizer Wein im Zunfthaus zur Waag